18. November 2024

Sehr geehrter Bezirksapostel Michael Ehrich,

die neue “Regelung zur Frauenordination” in der Gebietskirche Süddeutschland, die Sie aktuell für die verantwortlichen Amtstragenden treffen, rufen zurzeit große Aufregung und Sorge unter den Glaubensgeschwistern hervor, nicht nur in Süddeutschland, sondern auch darüber hinaus. Wir sehen, dass diese Maßgabe eine gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern in unseren Gemeinden erschwert und möglicherweise verhindert.

Worum geht es im Einzelnen? Sie hatten zunächst mündlich vermittelt, dass Schwestern unter 30 und Mütter von Kindern und Jugendlichen für ein Amt nicht in Betracht gezogen werden sollen.

Diese Einschränkung haben Sie in Ihrem späteren Schreiben vom 5.11.2024 zwar nicht mehr erwähnt, aber auch nicht ausdrücklich zurückgenommen. Wir müssen deshalb annehmen, dass sie weiterhin als ungeschriebene Vorgabe für die Auswahl von Amtsträgerinnen herangezogen wird. Eine solche Auswahl ist aus unserer Sicht diskriminierend und zum Nachteil aller.

Im September 2022 wurde der Beschluss gefasst, dass Frauen weltweit in geistliche Ämter ordiniert werden können. Dieser biblisch begründete Entschluss ist ein Meilenstein der NAK und ein sehr wichtiger Schritt für eine zeitgemäße, zukunftsfähige und gleichberechtigte Kirche. Mit der genannten Sonderregelung stehen Sie nach unserer Auffassung nicht in Übereinstimmung mit dem Beschluss der Bezirksapostelversammlung zur Frauenordination. Nach dieser sollten abweichende Regelungen nur in Einzelfällen dort getroffen werden, wo Gemeinden Frauenordination nicht annehmen können. Nach unserem Eindruck jedoch trifft eine solche Ausnahme für die süddeutschen Gemeinden nicht zu.

In Ihrem Schreiben sind junge Frauen und Mütter in den Fokus gerückt. Durch die neue Regelung wird unweigerlich eine langfristige und nachhaltige Mitwirkung und Mitverantwortung von Frauen in kirchlichen Ämtern infrage gestellt. Dabei werden gerade heute junge Schwestern als Amtsträgerinnen in allen Amtsstufen und Aufträgen sowohl in der Seelsorge, Wortverkündigung, als auch in der Kinder- und Jugendarbeit gebraucht.

Sie wollen sicherstellen, so schreiben Sie aktuell, ”dass die Aufgabenverteilung innerhalb der Familie stimmig bleibt.” Damit fördern Sie ein patriarchales Rollenbild, das vornehmlich Frauen für Kind und Familie zuständig macht und das wir keinesfalls unterstützen. 

Folgende Aspekte sehen wir mit Bedenken: 

• Selbstbestimmt über Familienplanung, Zeitmanagement und Prioritätensetzung zu entscheiden, wird den Frauen abgesprochen.
• Stereotype Geschlechterrollen werden vorgegeben, gefestigt und reproduziert.
• Die Lebensrealität von Frauen, die keine Kinder bekommen können oder wollen, wird komplett unterschlagen.
• Die Verantwortung von Männern oder anderen Partner*Innen bezüglich Carearbeit wird negiert.

Sie sprechen die Fürsorge an. Unserer Ansicht nach kommt die Kirche ihrer Fürsorgepflicht für Familien dann nach, wenn sie die Rahmenbedingungen für die Ausübung eines Amtes verbessert, nicht jedoch über den Zugang zu einem Amt bestimmt. Es muss allein in der Eigenverantwortung der Schwestern und Brüder liegen, die erbetene Erwählung zu einem Amt anzunehmen oder abzulehnen. Im Sinne der Fürsorge ist es ebenfalls, die Aufgaben eines Amtes auf mehreren Schultern zu verteilen und die Last jedes und jeder Einzelnen somit zu verringern.

Unser Appell an Sie:
Nehmen Sie die Einschränkung zurück, passen Sie die Bedingungen für Amtstragende an. Wir wünschen uns eine Kirche, die der von Gott selbst festgesetzten Gleichwürdigkeit und Gleichwertigkeit aller Geschlechter gerecht wird.


Mit freundlichen Grüßen
die Schwestern und Brüder von Junia heute

Am 20. September 2022 richtete der Kirchenleiter der Neuapostolischen Kirche, Stammapostel Jean-Luc Schneider, eine Videobotschaft an alle Gemeinden weltweit: 

Frauen können

• in alle Amtsstufen ordiniert werden
• können beauftragt und ernannt werden, Leitungsfunktionen von der Gemeindeebene bis hin zur Gesamtkirche wahrzunehmen
  
  

Dies gilt ab 1.  Januar 2023. 

Das große gesteckte Ziel unserer Initiative "für Frauen in geistlichen Ämtern" - vom IJT 2019, der Gründungsphase bis heute - hat Früchte getragen... Große Dankbarkeit erfüllt uns, dass der Weg frei gemacht ist. Danke an euch, danke an die Kirchenleitung, und danke an alle, die diesen Gedanken unterstützt haben...